40 Jahre Yogakurse mit Ursula Birchler
Aus- und Rückblick

Wie siehst du deine berufliche Zukunft – gehst du in Pension oder dürfen wir uns auf weitere Kurse bei dir freuen?

Nochmal 40 Jahre werden es nicht werden, dann wäre ich 102. (lacht) Mein inneres Feuer brennt nach wie vor für meine Berufung. Ich plane, meinen Stundenplan etwas anzupassen. Alles steht und fällt mit meiner Gesundheit – die grosse Unbekannte in uns allen.

Du könntest mit Angestellten arbeiten?

Dann würde ich mehr Zeit mit Administration, weniger mit Yogaunterricht und Kontakt mit Menschen verbringen – mehr von dem, was ich nicht mag, weniger von meiner Kernkompetenz. Jedoch hat meine Tochter, Olivia, den Wunsch geäussert, das Kinder Yoga zu übernehmen, was mich sehr freut. Mit 62 muss ich nicht mehr im Raupengang durch den Yogaraum kriechen 😉.

Wie hast du damals zum Yoga gefunden?

Das ist eine ganz natürliche Entwicklung, welche 1976, im Alter von 15 begann. Aufgewachsen in einer sportlich orientierten Familie – meine Mutter gab Gymnastikunterricht, mein Vater war am Wochenende als Skilehrer tätig….ich liebte Pferde, verbrachte meine Freizeit mit Reiten und spielte Volleyball, war damals Kantischülerin in Zug. Meine Mutter fragte mich im Rahmen einer Weiterbildung, ob ich Lust hätte mit ihr etwas Neues wie Yoga auszuprobieren. Das Wort Yoga hatte sofort in meinen Ohren angeklungen. In meiner ersten Yogastunde, ich erinnere mich genau in welcher Übung, wusste ich, dass dies mein Weg ist. Ich werde Yogalehrerin.

Karatschi, Mitte der 80er Jahre

Das war eine entscheidende Zeit für dich. Was hat dir Yoga als jungen Menschen gegeben?

Yoga war für mich in der Pubertät (Selbstfindungs-Phase) viel mehr als nur körperliche Bewegung. Es gab mir inneren Halt und Selbstvertrauen. Ich erlebte von Anfang an die tiefe Verbundenheit von Körper, Geist und Seele. Es half mir, in mich und meine innere Wahrnehmung zu vertrauen und bereits als junger Mensch meinen eigenen Weg zu gehen.

Yoga war damals kaum bekannt. Wie ging es beruflich weiter?

Ich habe auf meine Intuition gehört und bin meinem Herzen gefolgt. Yoga wurde damals mit skurrilen Bildern assoziiert von Yogis auf Nagelbrettern sitzend….Obwohl damals als etwas Exotisches angesehen, gab mir Yoga innere Kraft und Geduld gegen den Strom zu schwimmen, trotz Skepsis der Umwelt. Ich verstand die andern, doch erwartete nicht, dass sie MICH verstehen. Es war ein innerer Prozess. Ich hatte eine klare Vision.

Hattest du einen Backup-Plan, falls es mit Yoga nicht funktioniert?

Ja, ich hätte Dolmetscherin werden können. Ich liebe Sprachen und Kulturen und hätte dies als Alternative in Erwägung gezogen.

Wie hast du mit dem Unterrichten angefangen?

Manchmal hatte und habe ich heute noch das Gefühl, dass das Wort Yoga auf meiner Stirne geschrieben steht. Leute kamen auf mich zu und fragten regelrecht danach, sie zu unterrichten in Yoga. So konnte ich meine Arbeit in einer internationalen Firma reduzieren. Ein paar Monate später setzte ich 100% auf Yoga, war bereit sehr bescheiden zu leben.

Du hast eine Menge medizinisches und psychologisches Wissen erworben. Wie kam das?

Ich absolvierte eine der allerersten Yogalehrer Ausbildungen. Mitte der 80-er Jahre schloss ich das API ab, als Astrologische Psychologin, sowie als Bioenergie-Therapeutin. Ich vertiefte mich, neben dem aus Indien stammenden Yoga, in die fernöstlichen Heilsmethoden der Meridianlehre, sowie Meditation. Schon als Kind faszinierte mich christliche Mystik, ergänzend dazu kamen Buddhismus und weitere Religionswissenschaften. Meine Kursteilnehmer, damals oft älter als ich, vertrauten mir ihre Probleme an. Fragen zu Krankheiten konnte ich mit meiner Schwester, Ärztin und Psychiaterin, besprechen. Sie hat mir viel medizinisches Wissen vermittelt. Dieses Wissen habe ich genutzt, um meine Yoga-Praxis zu erweitern und eine ganzheitliche Betreuung zu bieten. Heute schöpfe ich aus meinem riesigen Erfahrungsschatz und lerne immer dazu.

Stimmt es, dass du in Asien gelebt hast?

Ja, über drei Jahre. Ich bin gereist und habe in Klöstern gelebt, wo ich mich weitergebildet und auch unterrichtet habe. Ich durfte vielen inspirierenden grossen Seelen begegnen. Es ist mir jedoch wichtig die östlichen Weisheiten für unsere westliche Lebensweise angepasst zu vermitteln.

YOGA SUNANDA - Ursula Birchler - 40 Jahre Yogakurse in Zug

Hat sich dein Unterrichtsstil im Laufe der Jahre verändert?

Ständig. Seit Corona sind mir Atemtechniken, Stärkung des Immunsystems, sowie auf psychischer Ebene Stress- und Angstbewältigung sehr wichtig. Ich versuche, meinen Unterricht abwechslungsreich zu gestalten, möchte noch so viel wie möglich weitergeben. Die Endlichkeit ist mir bewusst.

Du unterrichtest ein grosses Pensum. Wie sorgst du dafür, dass du immer genug Energie hast?

Mein Körper und Psyche sind sich dieses Pensum gewohnt. Ich spiele keine Rolle als Yogalehrerin – ich lebe so, bin so. Was ich vermittle, das versuche ich bestmöglich selbst umzusetzen und daran zu arbeiten. Alles Einstellungssache (Mindset) – von Bodenwischen bis Yogaunterrichten, bin ich mir keiner Arbeit zu schade. In den Schulferien wohne ich gerne in meinem zweiten Zuhause im Bündnerland. Dort kann ich mich regenerieren, mit Konditionstraining aufbauen und natürlich ist mir meine eigene Yoga- und Meditationspraxis wichtig.
In den drei Jahren Asien habe ich viel gesehen und erlebt. Ich bin dankbar in einem so schönen Land wie die Schweiz leben zu dürfen, dankbar eine so erfüllende Tätigkeit ausüben zu dürfen.

Vielen Dank an meine KursteilnehmerInnen, denn sie inspirieren mich von Woche zu Woche.
Ursula Birchler, YOGA SUNANDA